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Mittelalterliche Schlackehalden und Naturschutz

Allgemein

Schlackehalden - Pflegebereiche im Nationalpark

Die als montanarchäolgische Denkmale wichtigen mittelalterlichen Schlackehalden schlagen in interessanter Weise die Brücke zum modernen Naturschutz. Die Schlacken haben noch nennenswerte Schwermetallgehalte, da mit den ehemals einfachen Schmelzvorrichtungen der Aufschluss nicht vollständig möglich war. Diese Schwermetalle wirken toxisch auf Pflanzen. Aus diesem Grund sind die Halden oftmals seit dem Mittelalter fast vegetationsfrei geblieben. Nur eine hoch spezialisierte Flora aus schwermetalltoleranten Arten hat sich eingefunden. Diese erobert den eigentlich ülebensfeindlichen Raum in einer bestimmten Abfolge (Sukzession).

  • Erste Stufe: Die „nackten“ Schlacken werden zuerst von Flechten besiedelt, die als „Pioniere“ zum Beispiel in Form von Krusten- oder Strauchflechten auftreten.
  • Zweite Stufe: Zwischen den Schlacken sammeln sich angewehte Feinerde und abgestorbene Pflanzenreste (Rohhumus). Darauf können weitere Strauchflechten und Moose wachsen, was wiederum die Ablagerung organischer Substanz fördert. Dadurch werden die oberflächlichen Spalten zwischen den Schlackebrocken aufgefüllt.
  • Dritte Stufe: über oft lange Zeiträume sammelt sich so viel Feinerde und Humus an, dass Gräser und andere krautige Pflanzen wachsen können. Sie müssen jedoch die immer noch starke Schwermetallwirkung tolerieren können. Es bilden sich typische Schwermetallrasen aus. Natürliche Standorte für diese Rasen auf anstehendem schwermetallreichen Gestein gibt es heute so gut wie nicht mehr. Schlackehalden sind zu Ersatzlebensräumen geworden. In dieser wichtigen Funktion werden sie auch im europäischen Schutzgebietssystem Natura 2000 besonders berücksichtigt.
  • Vierte Stufe: Durch die Vegetationsdecke der Schwermetallrasen entwickelt sich schnell eine dicke Humusschicht, die durch Falllaub, Totholz und andere organische Stoffe stetig wächst. Diese immer mächtiger werdende Bodenschicht bietet allmählich auch Wuchsmöglichkeiten für Gehölze. Zuerst erscheinen Zwergsträucher wie das Heidekraut. Der Boden überlagert die Schwermetallhalde allmählich. Gibt es durch die Bodenschicht keine Verbindung mehr zur Schlacke, gehen die Schwermetallzeiger unter den Pflanzen zurück. Die Vegetation unterscheidet sich von der Umgebung kaum noch.

Aus Sicht des Naturschutzes sind insbesondere die ersten Stadien bis zum Schwermetallrasen wichtig, da sie als Ersatzlebensraum für sonst vom Aussterben bedrohte Arten dienen. Die wichtigsten Schwermetalle ertragenden Arten unter den Blütenpflanzen sind Hallers Grasnelke (Armeria maritima subsp. halleri), das Kupferblümchen (Minuartia verna subsp. hercynica) und Hallers Schaumkresse (Cardaminopsis halleri). Die Schwermetallrasen (botanisch: Armerietum halleri) sind nach Hallers Grasnelke benannt. Der Botaniker Albrecht von Haller (1708-1777), der in Göttingen wirkte, hat sie als erster im Harz beobachtet. Häufig findet sich in den Schwermetallrasen auch das Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris).

Die Schwermetallrasen gehören zu den Pflegebereichen des Nationalparks. Um sie zu erhalten, müssen Pflegemaßnahmen erfolgen (Entfernen der aufgelagerten Bodenschicht und des Bewuchses). Neben Wanlefsrode und der Schulerhütte finden wir Schwermetallrasen noch an der Radau und einigen weiteren Stellen.

Schulerhütte

Eine gute Möglichkeit, eine Schlackenhalde aus der Nähe zu betrachten, bietet sich an der mittelalterlichen Verhüttungsstätte „Schulerhütte“. Sie befindet sich rechtsseitig der Ecker unterhalb des Kienberges. Eine Informationstafel erklärt das Schlackefeld näher.

Bereits 1311 wird die Hüttenstätte unter diesem Namen in einem Goslarer Urkundenbuch erwähnt. Von der einst umfangreichen Halde wurde vor 1917 viel Material zur weiteren Verhüttung abgefahren. Hier wurden Rammelsberger Kupfererze verhüttet. Noch im 14. Jahrhundert soll der Schmelzbetrieb an dieser Stelle aber wieder eingestellt worden sein. Die heute offenen Schlackefluren tragen eine reiche Flechtenvegetation. An mit Feinerde überdeckten Stellen sind Schwermetallrasen mit Hallers Grasnelke und dem Kupferblümchen als Kennarten zu beobachten.

Wanlefsrode

Die Lage des Platzes über dem natürlichen Steilgraben des Schwarzentals, die Nähe alter Wege (Ilsenburger Stieg, Zellweg, Diebesstieg) und das Vorhandensein eines Walls mit Vorgraben lassen die Frage offen, ob hier eine ältere Befestigung zu Grunde liegt. Verbürgt ist die Gründung der „Zelle“, späteren Propstei, durch den Mönch und Priester Wanlef, der um 1000 hier rodete und baute. Nach Wanlefs Tod, 1013, war der Bestand der Zelle soweit gesichert, dass sie in den Rang einer Propstei des Klosters Ilsenburg aufstieg. 1179 nimmt Papst Alexander III. die Propstei unter seinen Schutz. 1254 wird noch die Kirche genannt, 1314 nur noch der Ilsenburger Klosterhof in der Zelle. 1600 von den herzoglich braunschweigischen Kartographen Ernst und Großkurth als „Rudera der Zellburg“ bezeichnet. Die klösterliche Vergangenheit scheint damals bereits vergessen zu sein.

 

Bei der Erstellung dieses Faltblatts wurde der Nationalpark Harz vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (www.denkmalpflege.niedersachsen.de) unterstützt.

 

Impressum

Nationalpark Harz, Lindenallee 35, 38855 Wernigerode

Tel. 0 39 43 / 55 02 - 0, Fax 0 39 43 / 55 02 - 37

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Text: Dr. H.-U. Kison, Dr. L. Klappauf

1. Auflage, 2010

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