Datum: 27.02.2025
Ein Jahr „Citizen Science" im Nationalpark Harz: Schlangenmonitoring mit Hilfe der Bevölkerung
Wissenschaftler Fabian Schwarz zieht positive Zwischenbilanz. Hinweise auf Beobachtungen von Reptilien weiter erwünscht.
Im März des vergangenen Jahres veröffentlichte die Nationalparkverwaltung Harz einen Aufruf, dass Beobachtungen von Schlangen im Großschutzgebiet gemeldet werden sollen. Ebenso wurden Flyer in den Besuchereinrichtungen des Nationalparks ausgelegt, die auf denselben Zweck abzielten. Solche wissenschaftlichen Projekte, welche unter Mithilfe von oder komplett durch interessierte Laien durchgeführt werden, sind in verschiedenen Umweltwissenschaften eine gängige Methode und werden als „Citizen Science" bezeichnet.
Nach einem Jahr kann nun ein erstes Fazit gezogen werden: „Die Resonanz war wirklich positiv. Insgesamt 136 Meldungen zwischen März und November waren ein Vielfaches von dem, was ich zu Beginn des Projekts erwartet hatte", so Wissenschaftler Fabian Schwarz, zuständiger Bearbeiter des Projekts. „Daher auch noch einmal ein herzliches Dankeschön an alle, die sich die Mühe gemacht haben, ihre Beobachtungen zu dokumentieren und der Nationalpark-verwaltung zu melden."
Wissenschaftliche Erfassung von Reptilien ist aufwändig und zeitintensiv
Bei derartigen „Citizen Science"-Projekten werden Daten erhoben, welche auf Grund von zu geringen personellen, zeitlichen oder finanziellen Kapazitäten anderweitig nicht erfasst werden könnten oder die als Grundlage für weitere konkrete Erfassungen dienen sollen. Da eine gezielte Nachsuche und die Erfassung von Reptilien bereits auf einer kleinen Fläche sehr aufwändig und zeitintensiv ist, hat sich die Nationalparkverwaltung Harz dazu entschieden, mit Hilfe der Bevölkerung und über deren Zufallsbeobachtungen zunächst einmal mehr über die Vorkommen der Schlangen im Nationalparkgebiet, insbesondere zu denen der Kreuzotter, herauszufinden.
Der überwiegende Anteil der Schlangen-Meldungen, die bei der Nationalparkverwaltung eingingen, nämlich 59%, hatte erfreulicherweise eine ausreichend gute Datenqualität, so dass die Beobachtungen in die Artdatenbank des Nationalparks aufgenommen werden konnten, berichtet Schwarz. Voraussetzung dafür war, dass ein Foto zur Art-Identifikation vorlag und die Angaben zu Fundort und Datum der Beobachtung konkret benannt werden konnten. Besonders bedeutsam sind 16 gesicherte Nachweise der Kreuzotter für das Jahr 2024, die sich auf zwei bereits bekannte Vorkommen im Harz erstrecken. Nachweise zu bislang unbekannten Kreuzottervorkommen waren hingegen nicht unter den Meldungen. Dennoch sieht die Nationalparkverwaltung in der im vergangenen Jahr vergleichsweise großen Anzahl der Kreuzotterbeobachtungen einen Hoffnungsschimmer für den Fortbestand der in Sachsen-Anhalt vom Aussterben bedrohten Art.
Mehrheit der gemeldeten Beobachtungen stammte nicht aus dem Nationalpark
Größter Haken der gewählten Methodik war bislang, dass für das eigentliche Projektgebiet, den Nationalpark Harz, vergleichsweise wenige Daten eingegangen sind. Die Mehrheit der Beobachtungen stammte nämlich aus dem umliegenden Harz und dessen Vorland. Hingegen lagen nur 9 Fundorte innerhalb des Nationalparkgebiets, womit der Ansatz zur Identifikation etwaiger Vorkommen im Großschutzgebiet größtenteils noch verfehlt wurde. Dies sei aber laut Schwarz kein Problem: „Die Daten sind trotzdem sehr wertvoll und wir geben diese dann gern an die Kolleginnen und Kollegen der zuständigen Naturschutzbehörden außerhalb des Nationalparks weiter, die sich auch über zusätzliche Erkenntnisse für ihr Zuständigkeitsgebiet freuen." Das Fehlen von Daten aus dem Nationalpark kann auch darauf zurückzuführen sein, dass größere Teile der Fläche nicht so stark erschlossen sind wie beispielsweise siedlungsnahe Bereiche. Somit dürfte die Wahrscheinlichkeit, hier zufälligerweise auf eine Schlange zu treffen, vergleichsweise niedrig gewesen sein. Eine weitere Erklärung für die wenigen Beobachtungen im Nationalparkgebiet wäre, dass höher gelegene Bereiche im Harz von den gesuchten Reptilien schlicht und ergreifend nicht besiedelt sind. Gewissheit hierfür besteht aber trotz des erheblichen Erkenntnisgewinns bislang aber noch nicht.
Da das Projekt in 2024 so gut angenommen wurde und um zukünftig weitere wertvolle Daten gewinnen zu können, ruft die Nationalparkverwaltung auch in 2025 dazu auf, Schlangen-Beobachtungen bevorzugt per E-Mail an fabian.schwarz@npharz.de oder auch telefonisch unter 03943/2628227 zu melden. Ein mitgeschicktes Foto des Tieres hilft bei der zweifelsfreien Bestimmung und vergrößert zusammen mit konkreten Ortsangaben und dem Datum den Wert der Meldung ungemein. Auch Nachweise anderer Reptilienarten sind für die Arbeit im Nationalpark wertvoll und können gerne nach dem gleichen Prinzip übermittelt werden.
Auch wenn sich viele Menschen vor Schlangen ekeln oder fürchten: Die in Deutschland vorkommenden Arten stellen keine Gefahr für Menschen dar. Sie sind scheu und meiden zumeist nahe Begegnungen mit Menschen. Das gilt auch für die Kreuzotter, die als Vertreterin der Vipern zu den Giftschlangen gehört. Bei Anzeichen einer Bedrohung wird eine Kreuzotter in der Regel frühzeitig flüchten und nur im äußersten Notfall zubeißen, etwa wenn man sie ergreifen will. Bissunfälle sind deshalb sehr selten und aufgrund der vergleichsweise geringen Giftmenge ist ein Kreuzotter-Biss für einen gesunden Erwachsenen auch meist nicht bedrohlich. Bei einer Begegnung empfiehlt es sich, ruhig zu bleiben und die Schlange nicht in die Enge zu treiben, um ihr unnötigen Stress zu ersparen, und sie vor allem nicht anzufassen, auch zum eigenen Schutz. Falls es doch einmal zu einem Bissunfall kommt, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.