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Datum: 25.10.2022

Untersuchungen der totholzzersetzenden Pilze in den Bergfichtenwäldern

Deutscher Erstnachweis von Tubulicrinis regificus und weitere Tubulicrinis-Arten neu im Nationalpark Harz

Die in den letzten Jahren in Folge von Störungen wie Windwürfen, extremen Witterungsverhältnissen und Borkenkäferbefall im erheblichen Umfang entstandenen Mengen an liegendem und stehendem Fichten-Totholz waren Anlass, die Untersuchungen der totholzzersetzenden Pilze zu intensivieren. Im Jahr 2022 lagen die Untersuchungsschwerpunkte in den Bereichen der Waldforschungsflächen Bruchberg und Brockenosthang. Ein besonderes Augenmerk bei den Untersuchungen in den Bergfichtenwäldern lag auf der Gattung Tubulicrinis.

Dabei gelang unter anderem ein deutscher Erstnachweis von Tubulicrinis regificus. Drei weitere Tubulicrinis-Arten wurden erstmals im Nationalpark Harz nachgewiesen. Nahezu alle Arten der Gattung sind selten und gelten als Naturnähezeiger. Die Kartierungen erfolgten durch Andreas Gminder und Sylvia Heidemann aus Goslar.

Die beiden Waldforschungsflächen Bruchberg und Brockenosthang repräsentieren die naturnahen Bergfichtenwälder in den Hochlagen des Nationalparks Harz. Neben der dominierenden Baumart Fichte ist der Anteil an Mischbaumarten wie Moor-Birke und Eberesche gering. Sehr vereinzelt sind noch Reste der Altfichten vorhanden. Die Untersuchungsflächen befinden sich in Höhenlagen über 800 m ü. NHN. Die bisherigen Untersuchungen der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt und des Nationalparks Harz zu den Waldstrukturen belegen, dass der lebende Baumbestand eine hohe kleinflächige Heterogenität im Untersuchungsgebiet aufweist. Auch zeigt sich eine hohe Strukturvielfalt innerhalb der Fläche. Die Fichtenverjüngung, die räumlich sehr heterogen ist, hat sich im ausreichenden Maße etabliert. Der hohe Totholzanteil bietet eine gute Grundlage für eine Moderholzverjüngung, was wiederum für die Strukturvielfalt des Folgebestandes förderlich ist. Die Ergebnisse der Waldstrukturaufnahme 2015 am Brockenosthang zeigen, dass mit 184 m3/ha bereits ein hoher Vorrat an liegendem und vor allem stehendem Totholz vorhanden ist. Das belegt auch ein Vergleich mit dem Bruchberg. Hier lag die Totholzmenge 2018 bei 101 m3/ha. Deutschlandweit ermittelte die 3. Bundeswaldinventur 2012 einen Wert von 20,6 m3/ha.

Ein besonderes Augenmerk bei den Untersuchungen in den Bergfichtenwäldern lag auf der Gattung Tubulicrinis. Sie wurde 1956 vom niederländischen Mykologen Marinus Anton Donk umschrieben. Weltweit sind etwa 45-50 Arten bekannt (INDEX FUNGORUM 2022).

Die gezielten Kartierungen der holzbewohnenden Pilze in den beiden Waldforschungsflächen ergaben mehrere Kollektionen von Tubulicrinis-Arten, einer Gattung von Rindenpilzen, die dünne helle Beläge auf morschem Nadelholz bilden. Die einzelnen Arten lassen sich nur anhand mikroskopischer Details unterscheiden. Mit Tubulicrinis regificus konnte hierbei ein Erstfund für Deutschland verzeichnet werden. Die Arten Tubulicrinis borealis, T. strangulatus und T. subulatus wurden erstmals im Nationalpark Harz nachgewiesen. Diese Arten zeichnen sich durch besonders auffällige, optisch ansprechende Mikroelemente aus.

Für die beiden Waldforschungsflächen gab es bisher nur einen Nachweis von T. accedens aus dieser Gattung (Waldforschungsfläche Brockenosthang, Heinrichshöhe). Hinzu kommen Nachweise von T. glebulosus und T. hirtellus außerhalb der zwei Untersuchungsgebiete. Somit sind statt der bisher drei jetzt sieben Arten aus der Gattung Tubulicrinis im Nationalpark Harz belegt.

Die Ökologie der Arten wird bei DÄMON & TÜRK (1997) und DÄMON (2001) für den Salzburger Raum ausführlich beschrieben und ist auf die Situation in Deutschland übertragbar. Zumeist findet man die Arten auf stark bis mäßig vermorschtem, von Braunfäule zersetztem Nadelholz in feuchter Umgebung (Abb. 3). Die oft sehr unscheinbaren belagsähnlichen Fruchtkörper sind allerdings nicht einfach zu entdecken. Nahezu alle Arten der Gattung Tubulicrinis sind selten und gelten als Naturnähezeiger. Ihr gehäuftes Auftreten und das beim Vorkommen mehrerer Arten in den beiden Waldforschungsflächen unterstreicht die Wertigkeit und Naturbelassenheit dieser Gebiete.

Eine wissenschaftliche Langversion zu den Funden finden Sie in unserem Download-Bereich Wissenschaftliche Arbeiten bei den Beiträgen des Jahres 2022.

 

Literatur- und Quellenangaben

  • Dämon W (2001) Die corticioiden Basidienpilze des Bundeslandes Salzburg (Österreich). Floristik, Lebensräume und Substratökologie. Bibliotheca Mycologica 189:1-412.
  • Dämon W, Türk R (1997) Die Gattung Tubulicrinis Donk (Basidiomycota) im Naturwaldreservat in Bad Gastein und Hinweise auf ihre weitere Verbreitung in Salzburg (Österreich). Mycologia Bavarica 2:33-47.
  • Index Fungorum (2022) www.indexfungorum.org, letztmalig abgerufen 22.06.2022.
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