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Datum: 28.12.2020

Kleinster Käfer Europas im Nationalpark Harz gefunden

Der nur 0,5 mm kleine Zwergkäfer Baranowskiella ehnstromi lebt verborgen in Baumschwämmen

Durch Kooperation der Pilzexperten und Entomologen des Nationalparks Harz konnte der kleinste bekannte Käfer Europas erstmals im Nationalparkgebiet nachgewiesen werden. Der Käfer mit dem wissenschaftlichen Namen Baranowskiella ehnstromi gehört zur Familie der Federflügler und Zwergkäfer (Ptiliidae) mit den kleinsten Käfern der Welt. Aufgrund seiner geringen Körpergröße (nur ca. 0,5 mm lang und wenig breiter als ein menschliches Haar, Abb. 1) und seiner versteckten Lebensweise in den Fruchtkörpern vor allem des Muschelförmigen Feuerschwamms (Phellinopsis conchata) wurde die Art für europäische Verhältnisse sehr spät entdeckt und erst 1997 vom Käferexperten Mikael Sörensson aus Schweden und Finnland beschrieben.

In Kenntnis der Lebensweise dieses Winzlings wurden die Pilzexperten des Nationalparks gebeten, gezielt nach dem Muschelförmigen Feuerschwamm Ausschau zu halten, der bisher noch nicht für das Nationalparkgebiet belegt war. Die Gattung der Feuerschwämme (Phellinus/Phellinopsis) ist mit ca. 36 Arten in Europa vertreten. Die parasitischen Pilze besiedeln Bäume. Wirtsspezifisch dienen Obstbäume sowie andere Laub- und Nadelbäume als Substrat. Bei den befallenen Bäumen wird Weißfäule verursacht. Die Art können konsolen- bis krustenförmige (pileate, effusreflexe bis resupinate) Fruchtkörper ausbilden.
Der Muschelförmige Feuerschwamm besiedelt Standorte mit hoher Luft-und Bodenfeuchtigkeit. Er ist vorzugsweise an Weiden (Salix) zu finden. Die mehrjährig wachsende Art gilt bezüglich ihres Vorkommens als relativ häufig.

So wurden die Experten dann Ende Juni im Eckertal östlich der Pappenfabrik fündig. Der Erstfund für den Nationalpark Harz am Rande einer bewaldeten Halde unweit des Baches passt sehr gut zur Ökologie des Pilzes. Die sichere Abgrenzung bei der Bestimmung der Art zum Phellinus igniarius (Gemeiner Feuerschwamm)-Komplex erfordert eine mikroskopische Diagnose. Der Muschelförmige Feuerschwamm hat als einzige Art Setae (braune, dickwandige Elemente) in der Trama (Fleisch) und im Hymenium (Porenschicht) des Pilzes, bei der die Wände teilweise deformiert und lückenhaft sind.

Nun wurde es für den Entomologen spannend, denn obwohl der Muschelförmige Feuerschwamm relativ häufig und weit verbreitet ist, liegen für den assoziierten Käfer bisher nur vergleichsweise wenige Funde vor. Im Verzeichnis der Käfer Deutschlands sind wenige Nachweise aus Südbayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland, Saarland, Westfalen und Schleswig-Holstein hinterlegt. Aus dem Jahr 2018 stammen die ersten veröffentlichten Nachweise für Sachsen-Anhalt und ganz Ostdeutschland.

Die Käfer müssen gezielt auf den Fruchtkörpern des Pilzes gesucht werden und so wurden einige Fruchtkörper ins Labor mitgenommen und unter dem Stereomikroskop abgesucht. Gleich der erste Versuch war ein Volltreffer, denn es konnten auf den eingetragenen Fruchtkörpern insgesamt vier Käfer beobachtet werden, wobei ein Käfer gerade frisch aus der Puppe geschlüpft sein musste. Die Käfer verbringen vermutlich ihr ganzes Leben in den Poren des Pilzfruchtkörpers und ernähren sich hier sehr wahrscheinlich von den Pilzsporen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Feuerschwämmen kann der Muschelförmige Feuerschwamm nahezu ganzjährig sporulieren und stellt somit eine fortwährend zur Verfügung stehende Nahrungsressource bereit. Dies könnte die enge Bindung des Käfers gerade an diese Pilzart erklären.

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